Im Folgenden stellen wir verschiedene Möglichkeiten zur Eintreibung von Forderungen nach den rumänischen Rechtsvorschriften dar.

Wenn es um Forderungseintreibung geht, erlaubt uns die rumänische und auch die europäische Gesetzgebung, unter mehreren Optionen zu wählen, abhängig von u.a. der Höhe der Schulden, deren Fälligkeit, dem Rechtsverhältnis der Parteien, die Bonität des Schuldners usw.

Unser erster Ratschlag ist, zu versuchen, die Streitigkeit einvernehmlich zu lösen. Eine friedliche Lösung kann immer eine offene Tür für die Geschäftsbeziehungen mit Ihrem Partnern sein. Wenn Sie diese Lösung in einer notariell beglaubigten Zahlungsvereinbarung aufbauen („angajament plata“), haben Sie einen direkt vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner. Dies bedeutet, das Sie direkt in das Vermögen des Schuldners zwangsvollstrecken können. Achtung: im Falle der Insolvenz des Schuldners gehört Ihre Forderung allerdings nicht zu den bevorrangten Forderungen.

Ein Gerichtsverfahren kann sehr kostspielig sein und ist im Allgemeinen ein zeitaufwendiges Verfahren. Die durchschnittliche Länge eines Prozesses beträgt drei Monate für die Ladung im Eilverfahren (“Ordonanta de plata”, “Cerere cu valoare redusa”, “Somatie europeana de plata”“Procedura europeană cu privire la cererile cu valoare redusă”) und mehr als 1 Jahr im orderntlichen Verfahren (“Procedura de drept comun”).

Der Versuch die Streitigkeit friedlich zu lösen kann auch einen obligatorischen Schritt im Vorverfahren darstellen wie z.B. im Eilverfahren und in einigen orderntlichen Verfahren. Falls kein direkt vollstreckbarer Titel vorliegt, kann der Gläubiger die Einbringung seiner

Forderungen, je nach Art der Schulden, durch die folgenden zwei Verfahren unternehmen:

I. Das orderntliche Verfahren

Dieses Verfahren wird von der Zivilprozessordnung geregelt und es gilt für alle Streitigkeiten, für die kein besonderes Verfahren vorgesehen ist.

Das Verfahren bietet einen schriftlichen und einen mündlichen Teil. Die Parteien können jede Art von Beweise vorlegen: Dokumente, Zeugen, Vernehmung und Expertise.

Das zuständige Gericht: Die Klage muss bei dem Gericht, festgestellt nach allgemeinen Kompetenzregeln (siehe unseren besonderen „News-Alert“), eingebracht werden.

Die materielle Kompetenz unterliegt dem Amtsgericht (Judecătoria – das niedrigste Gericht in Rumänien) für Ansprüche bis zu 200.000 RON (ca. 45.000 EUR). Ansprüche, die über diesem Betrag gehen werden vom Landgericht (Tribunal) beurteilt.

Im Prinzip ist die örtliche Zuständigkeit am Sitz der Beklagten.

Kosten: Der Anspruch unterliegt einer Stempelgebühr gemäß Regierungsverordnung 80/2013, je nach dem Wert des Anspruchs, wie folgt:

a) bis zu einem Wert von 500 RON – 8%, aber nicht weniger als 20 RON;

b) zwischen 501 und 5.000 RON RON – 40 RON + 7% für mehr als 500 RON;

c) zwischen 5.001 und 25.000 RON RON – 355 RON + 5% mehr als 5.000 RON;

d) zwischen 25.001 und 50.000 RON RON – 1.355 RON + 3% mehr als 25.000 RON;

e) zwischen 50.001 und 250.000 RON RON – 2.105 RON + 2% für mehr als 50.000 RON;

f) über 250.000 RON – 6.105 RON + 1% für mehr als 250.000 RON.

Rechtsmittel: Gegen die Entscheidung des Gerichts können die Parteien eine Berufung beim nächsthöheren Gericht innerhalb von 30 Tagen einreichen, nachdem das Gericht die Entscheidung mitgeteilt hat. Gegen die Entscheidung in der Berufung, können die Parteien einen Rekurs innerhalb von 30 Tagen einbringen.

Wichtig: Gemäß Art. 83 der neuen Zivilprozessordnung, unter Androhung der Nichtigkeit, muss die Partei, die einen Rekurs einbringt, durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsberater vertreten werden.

II. Klagen im Eilverfahren

  • Eilverordnung (“Ordonanta de plata”)

Diese Prozedur gilt nur für ausstehende, bestimmte (quantifizierte) und fällige Forderungen, die Zahlungverpflichtungen repräsentieren, die aufgrund Zivilverträge, einschließlich jener zwischen einem professionellen und einem öffentlichen Auftraggeber, zu zahlen sind.

Pflicht im Vorverfahren: Unter der Sanktion der Ablehnung des Klagsantrages muss der Gläubiger dem Schuldner eine 15 tägige schriftliche Zahlungsaufforderung übermitteln.

Das zuständige Gericht: Der Klagsantrag muss bei dem Gericht gemäß allgemeinen Kompetenzregeln vorgelegt werden. Die materielle Kompetenz unterliegt dem Amtsgericht für Ansprüche bis zu 200.000 RON (ca. 45.000 EUR). Ansprüche, die über diesen Betrag gehen, werden vom Landgericht (Tribunal) beurteilt.

Im Prinzip ist die örtliche Zuständigkeit am Sitz des Beklagten.

Kosten: Der Anspruch unterliegt einer Stempelgebühr von 200 RON (ca. 50 EUR).

Rechtsmittel: Gegen das Urteil können die Parteien eine Anfechtung wegen Nichtigerklärung innerhalb von 10 Tage einbringen, nachdem das Gericht die Entscheidung mitgeteilt hat.

Achtung: Diese Prozedur gilt nur, wenn der Gläubiger eine ausstehende, bestimmte (quantifizierte) und fällige Forderung hat. Das Verfahren ist formalistisch, die einzigen zugelassenen Beweismittel sind Dokumente. Die durchschnittliche Länge eines Verfahren dauert ca. drei Monate.

  • Europäisches Mahnverfahren („Procedura Somatiei de plata europeana“)

Dieses Verfahren wird durch die Verordnung (EC) No 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens geregelt und ist andwendbar bei grenzüberschreitenden Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen zivil- oder handelsrechtlichen Geldforderungen. Die Verordung gilt nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie im Fall von Insolvenz, Arbeitrechts, ehelichen Güterständen, soziale Sicherheit.

Das Verfahren ist formalistisch. Der Kläger muss ein Formblatt unter Angabe der Forderung und der Beweismittel ausfüllen.

Sobald das Gericht ein ordnungsgemäßig ausgefülltes Formblatt erhält, erlässt das Gericht einen Europäischen Zahlungsbefehl.

Der Antragsgegner kann gegen den Europäischen Zahlungsbefehl innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung einen Einspruch einlegen ohne dass er dafür eine Begründung abgeben muss. Legt der Antragsgegner Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl ein, so wird das Verfahren vor dem zuständigen Gericht des Ursprungsmitgliedstaats nach den entsprechenden nationalen Zivilprozessrecht weitergeführt.

Der Europäische Zahlungsbefehl wird vollstreckbar, wenn der Antragsgegner bei dem Ursprungsgericht keinen Einspruch einbringt.

  • Verfahren für geringfügige Forderungen (“Cerere cu valoare redusa”)

Dieses Verfahren kann, alternativ zu dem orderntlichen Verfahren angewendet werden, wenn der Wert der Forderung, ohne Berücksichtigung von Zinsen, Kosten und Auslagen zum Zeitpunkt des Eingangs beim zuständigen Gericht 10.000 RON (ca. 2.500 EUR) nicht überschreitet. Das Verfahren gilt nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie in Fall von Insolvenz, Arbeitrechts, ehelichen Güterständen, soziale Sicherheit.

Das Verfahren ist ähnlich wie bei der EU-Verordnung 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen. Das Verfahren ist formalistisch. Der Kläger muss ein Formblatt, das durch das Justizministerium genehmigt wurde, unter Angabe der Forderung und der Beweismittel, ausfüllen. Das Formblatt wird an den Schuldner gesendet mit der Verpflichtung eine Stellungnahme innerhalb von 30 Tagen abzugeben.

Der Antrag wird im Ratssaal des Richters, ohne die Parteien vehandelt, obwohl der Richter die Parteien, falls nötig, laden kann.

Das zuständige Gericht: Der Klagsantrag muss beim Amtsgericht (Judecatorie) am Sitz des Schuldners eingebracht werden.

Kosten: Der Anspruch unterliegt einer Stempelgebühr von 200 RON (ca. 50 EUR).

Rechtsmittel: Gegen das Urteil können die Parteien eine Berufung beim Landgericht (Tribunal), innerhalb von 30 Tagen einbringen, nachdem das Gericht die Entscheidung mitgeteilt hat.

  • Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen (“Procedura europeană cu privire la cererile cu valoare redusă”)

Dieses Verfahren wird durch die Verordnung (EC) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (nicht höher als 2.000 Euro) geregelt und ist bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen anzuwenden.

Das Verfahren gilt nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie im Fall von Insolvenz, Arbeitrechts, ehelichen Güterständen, soziale Sicherheit.

Das Verfahren ist formalistisch. Der Kläger muss ein Formblatt unter Angabe der Forderung und der Beweismittel ausfüllen. Sobald das Gericht ein ordnungsgemäß ausgefülltes Formblatt erhält, wird dieses an den Schuldner mit der Verpflichtung zur Stellungnahme innerhalb von 30 Tagen gesendet. Eine etwaige Widerklage, die vom Beklagten erhoben wird, wird dem Kläger auf dieselbe Weise zugestellt. Der Kläger hat auf eine etwaige Widerklage innerhalb von 30 Tagen zu antworten.

Überschreitet die Höhe der Widerklage die Wertgrenze von 2.000 EUR, wird die Klage und die Widerklage nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird, behandelt (und nicht nach dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen).

Das Urteils wird innerhalb von 30 Tagen erlassen und ist vollstrekbar.

III. Schiedsverfahren

Die Parteien können ihre Streitigkeiten außerhalb der Gerichte versuchen zu lösen, in einem alternativen Privatgerichtsstand, dem Schiedsverfahren.

Schiedsverfahren können in Rumänien institutionalisiert sein (zB Das Internationale Handelsschiedsgericht, das der rumänischen Kammer für Handel und Industrie angeschlossen ist) oder die Parteien können ein ad-hoc-Schiedsverfahren wählen; so auch nach den Regeln der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer (siehe dazu http://rumaenien.ahk.de/dienstleistungsangebot00/schiedsgericht0/). Damit ein Schiedsgericht verpflichtend angerufen werden muss, bedarf es einer entsprechenden Klausel im Zivilvertrag.

Länge: Der Rechtsstreit muss innerhalb von 12 Monaten gelöst werden (bei internationalen Streitigkeiten) und innerhalb von 6 Monaten (inländischen Streitigkeiten).

Kosten: Der Anspruch unterliegt den Schiedsverfahrensgebühren je nach dem Wert des Anspruchs. Die Parteien müssen meistens auch eine Verwaltungabgabe zahlen.

Die Entscheidung ist für die Parteien verbindlich und international weitgehend anerkannt. Rumänien ratifizierte das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1961.

Beim vereinbarten Schiedsgericht oder beim ad-hoc-Schiedsrichter müssen die Parteien die Verfahrensnormen (Ort des Schiedsverfahrens, Sprache und allgemeine Verfahrensfristen sowie Endgültigkeit der Entscheidung) selbst bestimmen.

Für weitere Informationen zu diesem Aspekt und allen anderen Fragen wenden Sie sich bitte an: Mag. Raluca Mihaila, LL.M. (office@nhp.ro).

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